Dienstag, 28. Oktober 2025

Paul Raabe: Frühe Bücherjahre - Erinnerungen

 

Bücherinfo

Zielstrebig hat Paul Raabe, "Deutschlands bekanntester Bibliothekar", aus seiner Liebe zu Büchern einen Beruf gemacht. Wie früh sich die Lust am Lernen und Lesen, Schreiben und Sammeln entwickelt hat, erzählt er in seinen Erinnerungen an ,Frühe Bücherjahre' in Oldenburg und Hamburg.


Buchbeginn

Auf dem Dachboden meiner Großeltern fand ich eine Ausgabe der Oldenburger ,Nachrichten für Stadt und Land' vom Montag, den 21. Februar 1927. Ich war damals elf Jahre alt, glaube allerdings kaum, daß mich die Schlagzeile über den Kampf um die Verkürzung der Arbeitszeiten in der sächsischen Textilindustrie oder die Skandalgeschichte des Danziger Völkerbundkommissars van Hamel wegen seiner Beziehung zur Gattin des Kommandeurs der Danziger Schutzpolizei interessierten oder das Feuilleton von Heinrich Mann, oder die Nachricht, das in Kopenhagen der Literaturhistoriker Georg Brandes gestorben sei. 

Donnerstag, 23. Oktober 2025

Satoshi Yagisawa: Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

Buchinfo

Eine junge Frau schlüpft während einer Lebenskrise im vor Büchern überquellenden Antiquariat ihres Onkels in Tokios Buchhandlungsviertel Jinbocho unter. Nach und nach entdeckt sie ihre Leidenschaft für die Bücher, zwischen denen sie lebt, schließt neue Freundschaften mit den Menschen, die sie in Jinbocho kennenlernt - und findet schließlich wieder zurück ins Leben.


Buchbeginn

Meine Zeit im Antiquariat Morisaki begann im Sommer und endete im Frühjahr des darauffolgenden Jahres.
Ich bewohnte das ungenutzte Zimmer im ersten Stock, umzingelt von Büchern. Es war dunkel, eng und vom Geruch gebrauchter Bücher erfüllt.
Trotzdem habe ich diese Zeit nicht eine Sekunde vergessen.
 

Isolde Ohlbaum: Lesen

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Alle tun es: morgens, mittags, abends und manchmal auch nachts. Auf der Wohnzimmercouch, dem Weg zur Arbeit oder ganz genüsslich im Café: Isolde Ohlbaum hat Lesende an den unterschiedlichsten Orten der Welt fotografiert. Ihre Porträts zeigen Momente größter Intimität und halten uns vor Augen, wie schön es sein kann, lesend die Welt um sich herum zu vergessen. Lassen Sie sich von ihren Bildern und den begleitenden Zitaten verführen.
 

Montag, 20. Oktober 2025

Nina Sankovitch: Tolstoi und der lila Sessel

 Jeden Tag ein Buch? Und das ein ganzes Jahr lang? Und noch dazu zu jedem Buch eine Besprechung schreiben? Und das Ganze neben Familie und Haushalt? Meiner Meinung nach ist das gar nicht zu schaffen. Zumindest nicht in meinem Lesetempo. Und kann da Lesen überhaupt noch Spaß machen?
Will da jemand auf den Putz hauen? Diese Fragen stellten sich mir, als ich den Klappentext las.
In Ordnung: Ich gehe mal davon aus, dass die Autorin uns nicht veräppeln will.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Anfangs fragte ich mich, wie man auf die Idee kommt, jeden Tag ein Buch lesen zu wollen. Bei Nina Sankovitch handelt es sich dabei um einen ernsten und sehr traurigen Grund: Ihre Schwester Anne-Marie ist gestorben und auch drei Jahre später hat Nina ihren Tod immer noch nicht verarbeitet, weiß nicht, wie sie mit der Trauer umgehen soll. Sie war der Meinung, sie müsste nun dafür sorgen, dass es allen in ihrem Umfeld gut ginge. Aber dabei rieb sie sich nur auf. So keimte in ihr die Idee dieses Lesejahres. Von ganz ungefähr kam es nicht, die Bücherliebe ist schon seit der Kindheit vorhanden. Bücher spielten in der Familie immer eine Rolle.
Und während Nina Sankovitch uns erzählt, welche Bücher sie gelesen hat, erfahren wir viel über ihre Familie. Über die Geschwister und die Eltern. Vor allem über den Vater, von deren Kriegserlebnissen sie erzählt.
Was ich besonders bewundere: Sie hat auch Bücher gelesen, die ihr angst machen. Das schaffe ich noch nicht in dem Maße, wie ich es gerne möchte.

 

Buchinfo

Mehr als 2,5 cm dick darf es nicht sein.
Aber das ist auch das einzige Ausschlusskriterium. Ob Krimi, Kochbuch, Klassiker - oder der aktuelle Topseller: Nina Sankovitch, Tochter polnischer US-Einwanderer, ist mit Büchern aufgewachsen. Und entdeckt nun, nach dem Tod ihrer geliebten Schwester, die Literatur ein zweites Mal für sich: als Trost- und Kraftspenderin. Zwischen Wäschebergen, Kindergeschrei und Supermarkt nimmt Nina sich Auszeiten - und entlockt jedem Buch ein anderes Geheimnis. "Die Eleganz des Igels", "Twilight" oder "Englische Liebschaften" - Lesen bedeutet pures Lebensglück: Und einmal am Tag den Moment, an dem man ganz bei sich ist.

 

Buchbeginn

Im September 2008 fuhren mein Mann Jack und ich an einem verlängerten Wochenende aus unserer Kleinstadt in Connecticut hinaus nach Long Island ans Meer. Unsere vier Kinder blieben bei meinen Eltern. Aufs Dach unseres Autos hatten wir ein Surfbrett geschnallt und im Kofferraum ein Fahrrad mit ein paar Reisetaschen mit Kleidern und Büchern für drei Tage verstaut. Den Kurzurlaub hatte ich Jack zu seinem fünfzigsten Geburtstag geschenkt.
 

Freitag, 17. Oktober 2025

Elizabeth Maguire: Fenimore

Elizabeth Maguire schreibt in Romanform über die Bekanntschaft zwischen Constance Fenimore Woolson, Großnichte von Fenimore Cooper, und Henry James. Sie lässt - ich benutze mal den Buchtitel - Fenimore - in der Ichform erzählen.
Von ihrem Großonkel hat sie die Weisheit,

"...man muß die Leser stets im ungewissen über das lassen, was als nächstes passiert. Die Menschen geben es nicht gerne zu, aber was sie in Wirklichkeit wissen wollen, ist, wie es ausgeht - am Schluß." 

39 Jahre alt ist Fenimore, als ihre Mutter stirbt und sie sich nun endlich auf die Reise nach Europa machen kann. Seit zwanzig Jahren schon schrieb sie Geschichten und Skizzen, verdiente also ihr eigenes Geld. Sie galt als erster "weiblicher Regionalautor"
Doch sie hatte sich noch um eine Schwester und Nichte zu kümmern. Und ihre Reise konnte sie nur machen, wenn sie die beiden mitnahm. Und fahren muss sie, will sie doch unbedingt Henry James kennenlernen.

"Hat es Ihnen schon einmal das Herz gebrochen, wenn ein Buch zu Ende geht? Kennen Sie es, daß ein Schriftsteller Ihnen noch ins Ohr flüstert, lange nachdem sie die letzte Seite umgeblättert haben? Hätten nicht auch Sie gern einmal jene Person kennengelernt, die die Welt mit ihren Augen sieht, um das Gespräch mit ihr fortzusetzen?
So erging es mir mit Harry, lange bevor ich ihn leibhaftig begegnete."
 

Fenimore genoss die Überfahrt nach England. Den beiden anderen Frauen erging es da schlechter. Sie wurden seekrank. In London stellte Fenimore ihre Bedürfnisse hintan. Doch dann platzte ihr der Kragen:

"Achtet ihr mich so wenig, daß ich über meine Zeit und meine Gesellschaft nicht einmal so wie ein sechzehnjähriges Mädchen in den Ferien bestimmen darf?" 

Ihr Wunsch, endlich Henry James zu treffen, erfüllte sich noch nicht. Sie erfuhr, dass er sich in Paris aufhielt, und so beschloss sie, nach Frankreich aufzubrechen. Doch dort verfehlte sie ihn, er war mittlerweile in Italien. Und er hatte absolut keine Lust oder Zeit, sich mit einer zweitklassigen Schreiberin zu treffen. Doch dann sollte es doch endlich klappen:

"In den nächsten Wochen machte Henry James mich zu seiner Aufgabe. An seiner Seite besichtigte ich viele herrliche Bilder. Er wollte, daß ich die Dinge so sah wie er. Darin war er wie die meisten Männer. Aber in anderen Dingen war er vollkommen anders - eine Quelle, von der ich am liebsten ewig getrunken hätte. Ich wünschte mir, so zu denken und zu fühlen wie der Künstler in ihm."

Die Freundschaft zwischen den beiden war wohl nicht ganz problemlos.

"Ich lief vor Harry fort. Und seinetwegen ließ ich King zurück, ohne zu wissen, wann ich ihn je wiedersehen würde und ob überhaupt. Plötzlich fühlte sich die Freundschaft mit Harry, um die ich mich so bemüht hatte, wie ein Joch an. Die Heftigkeit, mit der ich es am liebsten abgeschüttelt hätte, überraschte mich."

Er sah es nicht gerne, dass sie sich mit anderen Männern traf und legte ihr brieflich nahe, sich von ihnen zu trennen.

Fenimore hatte Probleme mit den Ohren. Das artete in Abständen zu starken Kopfschmerzen aus. Bevor sie an einen Spezialisten geriet, der sich tatsächlich um ihre Ohren kümmerte, hatte sie schon viele Ärzte konsultiert, die tatsächlich von ihr verlangten, sich nackt auszuziehen, damit sie ihren Bauch abklopfen konnten, um die hysterischen Wurzeln ihres Problems herauszufinden.

Auf dem Hügel von Bellosguardo in Florenz fand Fenimore ein Haus für sich. Es war noch gar nicht richtig fertig, da quartierte sich Henry James schon bei ihr ein. Als sie eines Tages von einem Spaziergang zurückkam, sah sie Henry auf der Terrasse, wie er sich vom Sohn des Koches "verwöhnen" ließ. Als sie ihn später darauf ansprach, gerieten sie in Streit und am nächsten Morgen war er weg.

Henry James neidete ihr ihren Erfolg. In der Zeitschrift "Harper's" tat er so, als bewundere er ihr Werk, doch "ließ der Meister es in Wirklichkeit aber nur klein erscheinen, heimatverhaftet und - was am schlimmsten war - weiblich. [...] Denn Zeile um Zeile hatte er das hinterlistige Porträt nicht nur eines Werks, sondern auch seiner Schöpferin entworfen." 

Es war eine eigenartige Freundschaft. Fenimore hatte Henry gegenüber ihre Geheimnisse. So erzählte sie nichts über die Männer, mit denen sie sich traf oder über ihren Gesundheitszustand. Sie wusste, dass das Themen waren, die ihm unangenehm waren, andererseits nahm sie ihm so die Möglichkeit, sich als wahrer Freund zu erweisen. Aber nein, hier war sie egoistisch, weil sie weiterhin mit ihm zusammensein wollte.
Ein Arzt, der sich anscheinend nicht weiter mit ihrer Krankheit befassen wollte, verschrieb ihr Laudanum. Dr. Baldwin, der Arzt, der sich als einziger für ihre Krankheit interessierte und ihr helfen wollte, half ihr, von der Droge wieder runterzukommen.
Bei ihrem Ohrproblem konnte ihr anscheinend niemand helfen. Selbst die Spezialisten, die ihr Dr. Baldwin empfahl, entpuppten sich als unwillig, ihr tatsächlich zu helfen: "Die Begeisterung, mit der Ärzte einer fünfzigjährigen Frau Betäubungsmittel verschreiben, erstaunt mich immer noch. Ich glaube, sie würden alles tun, um uns zum Schweigen zu bringen. Unsere tatsächlichen Probleme langweilen sie offenbar zutiefst."

Und dann eröffnete ihr ein Arzt, dass ihre Ohrenschmerzen von einem Tumor her stammen und er sich wundere, dass sie immer noch lebt.

Bis zur letzten Seite ist mir Henry James nicht mehr sympathisch geworden.


Hier noch einige Zitate

"Für jemanden wie mich, die sich nur an ihre Arbeit gebunden fühlt, ist das Zuhause dort, wo die Phantasie blüht. Wo das Schreiben gelingt."


"Immer noch kamen Harrys Briefe, manchmal zwei am Tag [...] Ich muß gestehen, daß ich, angesichts meiner eigenen Schreibpflichten, nicht immer mit dem Tempo seiner Korrespondenz Schritt halten konnte, doch ich tat mein Bestes. Wir teilten einander nicht nur mit, was wir erlebt hatten, sondern auch Ideen für Geschichten, kleine Szenen, künstlerische Zweifel und Theorien. Mein Traum von einer Schriftstellerfreundschaft begann sich zu erfüllen."


"Werden Sie sich Ihren Kontostand bei Harper's demnächst auch rahmen lassen, meine hochbezahlte Freundin?"
Oh, der Versuch, die Freude über meinen kleinen finanziellen Erfolg mit ihm zu teilen, war also ein Fehler gewesen! Mein Gesicht glühte. 
"Natürlich nicht. Und Publikumsgunst macht aus mir noch nicht einen so schöpferischen Geist, wie Sie es sind, Harry. Mein Werk reicht nicht an den Saum des Ihren. Dessen bin ich mir vollkommen klar."
"Meine liebe Fenimore, ich wäre schon mit einem Bruchteil Ihres finanziellen Erfolgs sehr zufrieden. Wenn ich doch nur das Geheimnis von euch schriftstellernden Frauen lüften könnte. Nun ja." Er hielt inne.
Nichts ärgert einen Mann mehr als Eine Frau, die in einem Revier Erfolg hat, das er für sich beansprucht.


Lizzie drückte meine Hand. Wie ich ihr von den Lippen lesen konnte, flüsterte sie: "Und was, wenn er dich wirklich heiraten möchte?"
Die arme Lizzy begriff nicht, daß es das letzte war, was ich mir gewünscht hätte: Meine Talente auf immer zurückstellen, nur um in der zweiten Reihe hinter dem Meister zu stehen? Und meine Freiheit aufgeben, damit er jungen Männern, die er begehrte, nachjagen konnte? Niemals.


Buchbeginn

Mackinac Island, Michigan, August 1856
Das Paddel war ein Teil von ihr. Es sagte ihr, wo es Felsen und Dünung gab. Es führte sie, wohin sie wollte. Mit Vergnügen spürte sie, wie ihre Muskeln arbeiteten, wenn sie sich durch die Wassermassen schob, die zäh wie kaltes Öl waren.
 

Donnerstag, 16. Oktober 2025

Jostein Gaarder, Klaus Hagerup: Bibbi Bokkens magische Bibliothek

Berit und ihr Vetter Nils Boyum Torgersen führen ein Briefbuch. Was für eine tolle Idee, dachte ich, als ich das Buch vor Jahren das erste Mal las.
Nils kommt nächstes Jahr auf die Oberschule und findet Berits Idee, ein Briefbuch, das dann zwischen Oslo und Fjærland hin und her pendelt, doch nicht so schlecht. Und so hat er ein Buch gekauft und schreibt nun den ersten Brief an Berit. Er berichtet ihr von der seltsamen Frau mit dem zerfetzten Buch in der Handtasche, die sie während eines Urlaubs gemeinsam gesehen haben. Diese Frau traf er im Buchladen wieder - und sie sabbert, als wären die Bücher aus Schokolade. Und sie wollte sich unbedingt finanziell an dem Briefbuch beteiligen.

Was für ein Zufall, denn Berit begegnete der Frau ebenfalls und folgte ihr heimlich. Und sie nahm einen Brief an sich, den die Frau verlor. Er ist an eine Bibbi gerichtet, geschrieben von einer Siri. Es geht darin um ein Antiquariat, das anscheinend von gestern auf heute verschwunden ist. Der Verkäufer bot Siri ein Buch an, das nagelneu war und erst im kommenden Jahr erscheinen sollte. Es ist quasi noch nicht mal geschrieben.
Weiterhin geht aus dem Brief hervor, dass Bibbi wohl die einzige wirkliche Bibliografin in Norwegen sein soll.

Jostein Gaarder ist einfach fantastisch (dabei kenne ich bisher nur dieses eine Buch von ihm). Er stattet Nils mit einer Fantasie aus, die es ihm gestattet, aus den wenigen bisherigen Informationen über Bibbi Bokken einen köstlichen Schulaufsatz zu schreiben.

Die Geschichte regt Kinder an, nicht jede Information für bare Münze zu nehmen, sondern nachzuforschen, ob sie der Wahrheit entsprechen kann. Und so macht es unheimlich Spaß, zu sehen, wie Berit und Nils leserisch zu ihren Schlussfolgerungen kommen.

Ein Zitat möchte ich hier unbedingt anfügen:

"Obwohl viele sicher finden, das seien Bücher für kleine Kinder, sind sie doch auch noch ziemlich schön, wenn wir älter sind. Sie erinnern uns natürlich an Sachen, die wir vergessen haben (...) Außerdem geben sie uns eine Art Geborgenheit in einer unruhigen Welt. Und wenn ich jetzt etwas brauche, dann ein wenig Geborgenheit. Sonst zerreiße ich ganz einfach in Fetzen.
Das kann ich so gut nachvollziehen. In unserer Welt, die anscheinend immer verrückter wird, brauche auch ich diesen Rückzugsort. Nicht unbedingt in Kinderbücher, aber doch in meine Bücher."


Und während Berit und Nils während des Schreibens viel Wissenswertes über Bücher und die Literatur erfahren, erleben sie ein tolles Abenteuer, das darin gipfelt... aber nein, das verrate ich nicht. Das lest selbst.

 

Buchinfo

Ein Brief mit einer mysteriösen Nachricht, eine unheimliche Frau, die plötzlich überall auftaucht, und ein rätselhaftes Buch ohne Autor sorgen bei Nils und seiner Kusine Berit für Verwirrung. Die beiden gehen der Sache nach, notieren ihre Beobachtungen und tauschen sie per Tagebuch aus: Die Frau heißt Bibbi Bokken, sie bekommt unzählige Bücher per Post, die dann scheinbar spurlos verschwinden, und sie verfügt über eine "Magische Bibliothek", in der Bücher stehen, die erst noch geschrieben werden müssen. Immer neue Rätsel tauchen auf und die Kinder gewinnen immer mehr und mehr das Gefühl, Figuren in einem undurchschaubaren Spiel zu sein.


Buchbeginn

Liebe Berit,
schön, dass wir uns in diesem Sommer gesehen haben. Das war wirklich toll. Morgen fängt die Schule wieder an und ich kann nicht gerade behaupten, dass ich mich darauf freue. Da sind so viele kleine Gören. Aber egal, nächstes Jahr bin ich fertig damit und dann wechselt Nils Boyum Torgersen auf die Oberschule. 

Gerlinde Friewald: Der kleine Buchladen in den Bergen

Buchinfo

Katrins Leben in Berlin scheint festgefahren. Darum kehrt sie zurück in ihre alte Heimat Kirchbergen, ein kleines Dorf in Österreich. Hier fühlt sie sich plötzlich frei und besucht die Orte ihrer Kindheit. So wie den alten kleinen Dorfbuchladen am Marktplatz, in dem sie damals viel Zeit verbracht hat. Doch der Besitzer will den Buchladen aufgeben. Kurzerhand bietet Katrin sich als seine Nachfolgerin an. Doch der Neuanfang in der vertrauten Umgebung ist schwieriger als gedacht: Will sie ihre Zelte in Berlin wirklich für immer abbrechen? Und als plötzlich Alexander - Katrins erste große Liebe - vor ihr steht, ist das Gefühlschaos perfekt...


Buchbeginn

Ernst Lindenborg stand vor seinem Buchladen und beobachtete das Treiben am Marktplatz. Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen lockten die Einwohner Kirchbergens aus ihren Häusern. Kurz drehte er sich um und musterte die sonnengelbe Fassade seines Ladens. Sie hatte den Winter gut überstanden, dieses Jahr würde er sie nicht streichen lassen müssen. 

Rainer Moritz: Unbekannte Seiten - Kuriose Literaturgeschichte(n)

Buchinfo

Vom Abenteuer des Lebens erzählen sie uns, mal auf komische, mal auf tragische Weise und im besten Fall packend. Sie selbst hocken hinter dem Schreibtisch, Tag für Tag. Eher ereignisarm, so stellen wir uns das Leben von Schriftstellerinnen und Schriftstellern vor. Ein Irrtum, wie diese bunte Anekdotensammlung zeigt. Der sterbenskranke Oscar Wilde kämpft in seinem Pariser Hotelzimmer mit der ästhetisch missglückten Tapete, Marcel Proust fordert einen Widersacher zum Duell, und Anna Seghers muss sich beim Sonnenbad von ihrem Kollegen Johannes R. Becher als "alte Sau" beschimpfen lassen. Wir begleiten Albert Camus auf den Fußballplatz und Ernst Jünger nach Venedig, werden Zeuge, wie Eduard Mörike sich in eine Gardine schnäuzt. Wenn das mal nicht ereignisreich ist...

Buchbeginn

Als Bettina von Arnim eine Blutwurst bemühte
Die Frankfurter Kaufmannstochter Bettina Brentano ist von der Nachwelt - vor allem der männlichen - oft ungerecht behandelt worden. Mit ihrem impulsiven, koboldartigen Wesen wollte sie sich nicht recht in ein konventionelles bürgerliches Leben einfügen - was ihr - so ging und geht man gern mit unangepassten Frauen um - den Ruf einer "schwierigen" und "anstrengenden" Person einbrachte. 

Mittwoch, 15. Oktober 2025

Mechthild Gläser: Die Buchspringer

Buchinfo

Auf Schir Khans Rücken durch das Dschungelbuch jagen, mit Goethes Werther die Hexen aus Macbeth bekämpfen und mit Elizabeth Bennet für den gut aussehenden Mc Darcy schwärmen ... Nie hätte Amy gedacht, dass sie den Figuren aus ihren Lieblingsbüchern so nah sein könnte! Doch sie ist eine Buchspringerin, und damit ist es ihr möglich, wirklich und wahrhaftig in jede Geschichte einzutauchen, die sie schon immer einmal selbst erleben wollte. Amy testet ihre neue Fähigkeit ausgiebig - bis in der Buchwelt plötzlich gar nichts mehr so ist, wie es sein sollte.


Buchbeginn

Prolog
Will rannte. Er rannte und rannte.
Die Insel kam ihm größer vor als sonst und seine Brust schmerzte, so lange war er bereits gelaufen. Durch das Moor, in jeden Winkel der Ebene, zum Strand hinunter am Friedhof entlang, nach Lennox House, ins Dorf, zum Steinkreis, durch die Bibliothek, zurück zu seiner Hütte, bis hinter die letzten Nebelschwaden, die die Burg der Macalisters umgaben. 
Nichts.
 

Amy Meyerson: Ein Himmel voller Bücher

Buchinfo

Zwischen den bunten Bücherstapeln in der Buchhandlung ihres Onkels hat Miranda eine aufregende Kindheit verbracht. Bis zu ihrem zwölften Geburtstag, als ihr Onkel nach einem mysteriösen Streit mit ihrer Mutter für immer aus ihrem Leben verschwand. Doch nun ist er zurück. Sechzehn Jahre später vererbt er ihr nicht nur den kleinen Buchladen "Prospero Books", den sie nun wieder in die schwarzen Zahlen bringen muss, sondern schickt sie durch versteckte Hinweise in Büchern auf eine Reise in die Geschichte ihrer Familie. Was Miranda in den Geschichten der Figuren und Bekannten ihres Onkels erfährt, hat mehr mit ihr selbst zu tun, als sie je geglaubt hätte: denn über ihrer Familie hängt eine Lüge, die ihre Zukunft bestimmt...

Buchbeginn

Das letzte Mal, als mein Onkel mich besuchte, schenkte er mir einen Golden Retriever mit traurigen Augen und herzförmiger Nase. Ich hatte den Welpen nicht lange genug, um ihm einen Namen zu geben. Den einen Moment lief er noch kreuz und quer durchs Wohnzimmer und ließ mich auf die Abenteuer hoffen, die wir gemeinsam erleben würden, den nächsten war er verschwunden. Genauso war es mit Onkel Billy. Eben hat er mir noch zum Abschied zugewinkt, während er im Rückwärtsgang aus der Einfahrt fuhrt, dann sah ich ihn nie wieder. 

Dienstag, 14. Oktober 2025

Mikkel Birkegaard: Die Bibliothek der Schatten

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Das Bücher mehr vermögen, als nur Geschichten zu erzählen, war Luca Campelli schon lange bewusst. Als er an diesem Abend in seinem Antiquariat "Libri de Luca" zu lesen beginnt, spürt er einmal mehr ihre magische Kraft - doch schon wenige Minuten später ist er tot. Sein Sohn Jon will mit dem Geschäft zunächst nichts zu tun haben, aber sehr schnell kann er die mysteriösen Ereignisse nicht mehr ignorieren, die um ihn herum passieren. Und er ist fassungslos, als er die Wahrheit über seinen Vater erfährt: Luca Campelli versammelte regelmäßig Menschen um sich, die eine besondere Gabe verband. Eine Gabe, die auf wundersame Weise die Welt verändern könnte und die dazu die Macht der Bücher nutzt. Doch nun will jemand diese geheime Gesellschaft vernichten. Und Jon ahnt, dass er es mit einem Gegner zu tun hat, der ihm weit überlegen ist...

Buchbeginn

Luca Campellis Wunsch, umgeben von seinen geliebten Büchern zu sterben, ging an einem späten Oktoberabend in Erfüllung. 
Natürlich ist das einer dieser Wünsche, die nie konkret ausgesprochen oder gedacht wurden, aber jeder, der Luca in seinem Antiquariat gesehen hatte, wusste, dass es gar nicht anders sein konnte.
 

Annie Lyons: Der Buchclub - Ein Licht in dunklen Zeiten

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Eigentlich wollte sich Gertie Bingham langsam zur Ruhe setzen. Seit dem Tod ihres Mannes fällt es ihr nicht mehr so leicht, Binghams Bücher zu führen. Aber dann bricht der Krieg aus, und das Leben der Londoner Buchhändlerin wird noch einmal komplett durcheinandergewirbelt. Vor allem als sie ein jüdisches Flüchtlingsmädchen aus München bei sich aufnimmt. Hedy ist sehr verschlossen und einsilbig - und der gemeinsame Start mehr als holprig. Erst die Liebe zur Literatur bringt die beiden Frauen einander etwas näher. 

Als sie sich bei einem Fliegeralarm in einen Luftschutzbunker flüchten, sind Bücher eine willkommene Ablenkung für alle, die hier Zuflucht gefunden haben. Von da an nehmen Gertie und Hedy jedes Mal, wenn der Warnruf ertönt, etwas zum Vorlesen mit. Schon bald entsteht aus der kleinen Schicksalsgemeinschaft eine Art Buchclub. Aus Fremden werden Freunde. Doch kann es Hoffnung für sie alle geben, wenn die Welt am Abgrund steht?


Buchbeginn

Gertie Bingham stand in der Warteschlange bei Piddocks Fleischerei und ließ den Blick von der Auslage zum Schaufenster hinaus und zu dem Laden auf der anderen Straßenseite schweifen - als sie urplötzlich ein heftiges Sehnen überkam. Sie hatte das "Zu vermieten"-Schild entdeckt, das dort im Fenster hing. Es war wie Liebe auf den ersten Blick.

Marcel Krueger: ISLAND - Eine Insel und ihre Bücher

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"Dies ist ein Buch über Bücher, um einen Ort zu ehren, an dem das geschriebene Wort geschätzt wird wie nirgendwo sonst."

Wofür steht Island - für raues Klima, wilde Natur, Elfen und Trolle? Richtig, aber darüber hinaus ist Island als Insel der Literaturbegeisterten und Bücherfreunde weltbekannt!

Wenn sich in den langen Wintern kaum die Sonne zeigt, ziehen sich die Bewohner zurück - und lesen: mittelalterliche Sagas, Lyrik oder zeitgenössische Krimis. Kein Wunder, dass Island den weltweit höchsten Anteil an Schriftstellern in der Bevölkerung hat und pro Kopf mehr Bücher als in den meisten anderen Ländern erscheinen.

Marcel Krueger streift durch die Geschichte und die Literatur dieses faszinierenden Landes und führt an die zentralen Orte. Vom Eismeer über Geisterfjorde bis hin zu Vulkankratern.

Denn hinter jedem Gletscher oder Wasserfall verbirgt sich auf Island eine gute Geschichte.


Buchbeginn

Wenn man sich nur ein wenig mit Island beschäftigt, kommt man nicht umhin festzustellen, welch großen Stellenwert Bücher und Literatur für die Isländer, ihre Identität und Geschichte einnehmen. Vielleicht sind diese auf Island wichtiger als in jedem anderen Land der Welt, was sich auch in den vielen verrückten Bräuchen und Alleinstellungsmerkmalen des isländischen Buchmarkts zeigt.

Montag, 13. Oktober 2025

Cristina Di Canio: Die Buchhandlung der Träume

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Mit ihrer kleinen Buchhandlung am Stadtrand von Mailand hat sich Nina einen Traum erfüllt. Und seit sie eine besondere Idee hatte, ist ihr Laden zu einem beliebten Treffpunkt geworden: Jeder Kunde kann ein Buch, das für ihn eine große Bedeutung hat, dem zufällig nächsten Kunden schenken. Auch wenn das Buchgeschenk anonym ist, entstehen auf diese Weise Freundschaften, ja sogar Liebespaare finden sich. Nur Nina selbst ist einsam, wenn sie abends die Türen ihrer Buchhandlung schließt. Bis eines Tages ein junger Musiker in einer Matrosenjacke in ihren Laden kommt und Nina eine Kiste voller antiquarischer Bücher bringt …


Buchbeginn

"Von wem ist es? Ich muss es wissen!" Der junge Mann reißt die Glastür auf, stolpert über die Schwelle in den Buchladen und starrt dort Nina an, die an ihrem Schreibtisch sitzt.
Die junge Frau schaut vom Bildschirm auf und blinzelt mehrmals hinter ihren dicken Brillengläsern. Dann wandert ihr Blick auf seine Hand, und sie erstarrt.

Alexander Kluy: Das Schlummer-Lesebuch

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Wie man klug mit Ein- und Durchschlafproblemen umgehen kann und nicht nur genervt den Schlummer herbeisehnt, davon erzählen in dieser witzigen, heiteren und besinnlichen Anthologie berühmte Schriftsteller aus Vergangenheit und Gegenwart. Ihre Erfahrungen mit Weckern, Betten und Träumen sind hilfreich, vergnüglich und garantiert ohne bedenkliche Nebenwirkungen. Allenfalls könnte die Lektüre dieses originellen Lesebuches zunächst das Einschlafen etwas hinauszögern, weil die Geschichten und Gedichte von Marcel Proust, James Thurber, Erich Kästner, Mark Twain und vielen anderen so köstlich sind. Aber entspanntes Genießen ist sicher der beste Weg zu einer guten Nacht und einer schönen Siesta.


Buchbeginn
Unser Buch hat die Aufgabe, das Verständnis für die nächstliegenden Dinge, deren hohe Bedeutung oft so wenig erkannt wird, zu wecken. Die volle Würdigung des Schlafes gehört auch dazu. Es ist so; jeden Tag müssen wir uns einige Zeit flach hinlegen, die Augen schließen und uns einer stundenlang dauernden Bewußtlosigkeit überliefern, die man ,das Schlafen' nennt. 

Holger Heimann: Die beste Buchhandlung der Welt: Wo Schriftsteller ihre Bücher kaufen

Buchinfo

Natürlich lassen sich Bücher über den heimischen Computer rasch und bequem beziehen. Aber es gibt Orte, wo es lustvoller und überraschender ist, auf die Suche zu gehen. Wo sich hinter der Eingangstür ein eigenes Reich auftut. Um solche besonderen Buchhandlungen geht es hier. 

Fünfzig Schriftsteller, unter ihnen Durs Grünbein, Peter Stamm, Katja Lange-Müller, Annette Pehnt, Felicitas Hoppe, Urs Widmer, Georg Klein und Adolf Muschg, porträtieren ihre Favoriten. Es ist eine Einladung zu einer Entdeckungsreise quer durch Deutschland: Von Aachen bis Leipzig, von Rostock bis Freiburg. Und in einigen Fällen auch darüber hinaus. 

Entstanden sind höchst subjektive, auch witzige Porträts, die Einblick geben in eine verheißungsvolle Welt und von ihren Bewohnern ebenso erzählen wie von den Vorlieben der Gäste. Die Türen sind offen - für alle, die hindurchgehen wollen.

Buchbeginn

Wenn die Wetterau das Zentrum der Welt ist, die ich bin, dann ist die Bindernagelsche Buchhandlung in Friedberg in der Wetterau das Zentrum dieses Zentrums. Im Grunde stammt alles von dort. Meine Buchhandlung, mein Leben.

Der Inhaber, Christian Herrmann, ist eigentlich Schauspieler. Als ich jung war, ging ich zu seinen Lesungen hin. Hölderlin, Tieck. Zum ersten Mal hörte ich Poesie. Zum ersten Mal hörte ich jemanden sprechen. Urbilder. In meinem Elternhaus hingen ja keine Gainsboroughs.


Zitate

"Nicht immer ließ sich die Frage nach der einen Lieblingsbuchhandlung klar und eindeutig beantworten. Auch von solcher Schwierigkeit, also einem Geschäft den Vorzug vor einem anderen zu geben, wird erzählt. Zuweilen waren Vorbehalte nicht aufzulösen. Alex Capus meldete aus der Schweiz: ,Da werden ja alle anderen böse, diese Frage beantworte ich auf gar keinen Fall! Buchhändler sind eifersüchtig wie Frauen.' Umstimmen ließ er sich nicht."


​"Heinrich Steinfest

Bücher sind Lebensmittel, das ist gar keine Frage. Nicht, dass man alleine von Büchern satt wird, so wenig wie von der Liebe. Aber man möchte ja nicht nur satt sein, sondern auch gut genährt, gesund, man möchte blühen und reifen."


"Anna Katharina Hahn

Beim Ersteigen der Neckarhalde beschleunigt sich mein Schritt, die Handflächen werden feucht, mit pochendem Herz gehe ich vorbei an Uhlands Geburtshaus, dann stehe ich vor Quichottes Schaufenster und betrachte die Auslage, von blanker Gier überwältigt wie jedes Mal, angesichts dieser köstlichen Mischung aus Altvertrautem, lange Bekanntem, von dem man doch nie genug bekommt: Inger Christensen, Elizabeth Bowen, Friedrich Glauser. Daneben Novitäten, die man gerne kosten möchte: Dagmar Leupods neuer Roman, das Ehepaar Humboldt, Levi-Strauss, Verlockungen von Lyrik und Theorie. Wolfgang Zwierzynskis Buchhandlung erweckt in mir den Wunsch, mir so viel wie möglich einzuverleiben, und von diesem Wunsch beseelt, drücke ich mich durch die Tür..."


"​Frédéric Valin

Meistens weiß ich nicht, was ich haben will, wenn ich in meinen Lieblingsbuchladen gehe. Ich vergesse oft, wie viel mich interessiert. Manchmal glaube ich, dass mich fast nichts mehr interessiert. Dann stelle ich mich vor den Spiegel und sehe nach, wie Selbstmitleid aussieht. Und dann lachen wir beide, mein Spiegelbild und ich."

 

Sonntag, 12. Oktober 2025

Petra Gust-Kazakos: Gefahren des Lesens

Sich lesend in Gefahr begeben? Ich habe das mit Vergnügen gemacht.

Schon bevor das Buch richtig losgeht, finde ich mein Lebensmotto:

"Sobald ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich Bücher; und wenn noch was übrig bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung."

Erasmus von Rotterdam


Ob das nun klug oder dumm ist, ich kann nicht anders. Und wenn ich sehe, wer das Zitat mal von sich gegeben hat, bin ich doch gar nicht in so schlechter Gesellschaft.

Einige interessante Themen über das Lesen und Bücher hat Petra Gust-Kazakos hier zusammengetragen.

Für mich besonders spannend das Kapitel "Selbstbild, Fremdbild, Legendenbildung", in dem es um Biografien/Autobiografien geht und ich ihr doch tatsächlich auf den Leim gegangen bin.

Bisher dachte ich ja, dass ich ein ganz normaler Mensch - Lesemensch - bin. Aber wie ich nun im Kapitel "Wenn Leser zu sehr lieben: Fakten, Zahlen, Blüten" gelesen habe, gehöre ich zu einem ",harten Kern' der Viel-Leser von mehr als 50 Büchern pro Jahr", der tatsächlich zur Minderheit in unserem Lande zählt.

Des Weiteren erfahren wir unter anderem noch über die medizinische Wirkung der Bücher auf uns, schreibt die Autorin über Blogger, Schreibratgeber, Übersetzungen und Zensur.

Gefahren des Lesens, will man so ein Buch überhaupt lesen? Und was soll am Lesen schon gefährlich sein? Petra Gust-Kazakos hat jahrelang recherchiert und dann niedergeschrieben, worin diese Gefahren liegen können. Und dies nicht nur für uns Leser, nein, auch für Autorinnen* oder in der Übersetzung von Büchern, ihrer Bearbeitung oder gar Zensur.

Ich habe dieses Buch über Bücher mit sehr viel Interesse gelesen und für mich festgestellt, dass ich mich lesend gerne in Gefahr begebe.

Euch lege ich das Buch ans Herz und wünsche euch viel Spaß, wenn ihr euch lesend in Gefahr begebt oder zumindest viel Spaß und gute Unterhaltung beim Lesen.

Donnerstag, 9. Oktober 2025

Edith Wharton: Ein altes Haus am Hudson River

Vance Weston ist ein Sohn aus wohlhabendem Hause; der Vater ist Immobilienspekulant. Nach einer Krankheit fährt er zur Erholung zu entfernten Verwandten. Dort bekommt er Zugang zu einem alten Haus am Hudson River mit einer Bibliothek, wie er sie noch nie gesehen hat. Und er bekommt die Möglichkeit, sich dort aufzuhalten, zu stöbern und zu lesen. Bis eines Tages einige wertvolle Bücher verschwunden sind und er in den Verdacht gerät, sie gestohlen zu haben. So verlässt er die Verwandtschaft und macht sich auf nach New York, wo er seinen Traum, Schriftsteller, Dichter zu werden, verwirklichen möchte.

Doch Vince muss feststellen, dass es nicht so einfach ist. Er hat nur wenig Geld in der Tasche, auf Hilfe des Vaters braucht er nicht hoffen. Arbeit bei einer Zeitung findet er nicht. Eine Chance bleibt ihm noch: Mr. Frenside, den er bei der Verwandtschaft kennenlernte und der bei dem Intellektuellenblatt "Die Stunde" arbeitet.

Doch nachdem dieser die zerknüllten handgeschriebenen Zettel, auf denen Vance eigene Gedichte und einen begonnenen Roman notiert hatte, gelesen hat, schüttelte dieser den Kopf. Gedichte sind ein Luxus, wie ein Auto, davon kann man sich nicht den Lebensunterhalt verdienen.

Kurzgeschichten, damit hätte er eine Chance. Aber so etwas hat Vance noch nicht geschrieben.

Als er in seiner Pension war, fand er doch noch etwas Geschriebenes: "Ein Tag" - er schrieb es kurz nach seiner Krankheit wie im Wahn, als er den Revolver seines Vaters nicht fand. Den Mut, noch einmal direkt bei Mr. Frenside vorzusprechen, hatte er nicht, so steckte er es in den Briefkasten und bekam drei Tage später schon Antwort: Seine Erzählung soll veröffentlicht werden; anbei liegt ein Check über 50 Dollar. Und von Frenside der Tipp: "Fahren Sie heim und schreiben Sie noch mehr so Zeug."

Wieder zu Hause, fand er Arbeit in der Redaktion des "Offenen Worts". Aber glücklich war er nicht. Der Großvater hatte einen Schlaganfall erlitten, und da sich niemand um die Großeltern kümmern wollte, nahm Vances Familie die beiden auf.

Die Immobilienbranche lief nicht mehr gut, sodass sein Vater immer mehr arbeiten musste, um noch was zu verdienen.

In dieser Situation erhielt Vance Post aus New York; von der Redaktion "Die Stunde". Die Zeitschrift war in andere Hände gegangen, Lewis Tarrant, der Ehemann von Miss Spear, hat sie günstig gekauft.

Und so macht er sich wieder auf den Weg nach New York.

Es ist ein tolles "Buch über Bücher". Die Geschichte spielt in den 1920er Jahren. Durch Vance Weston erleben wir den Kontrast zwischen dem stillen Landleben und der unruhigen Großstadt. Er scheint mir hin- und hergerissen. Rein vom Leben her ist es auf dem Lande sehr schön. Aber das literarische Leben findet nun mal in der Großstadt statt. Vor allem findet er dort die Gesprächspartner, nach denen er sich sehnt.

Auch die Art zu schreiben von Edith Wharton ist sehr schön. Einmal begonnen zu lesen, mochte ich kaum noch aufhören. Der Schreibstil und der Lauf der Geschichte entwickeln schon nach den ersten Sätzen einen Sog, dem ich mich kaum entziehen mochte. 


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Wie hoch darf der Preis für einen Lebenstraum sein? Und wie bleibt man sich auf dem Weg dorthin treu? In kraftvollen Bildern erzählt Edith Wharton von den Zweifeln und Kämpfen eines Künstlers auf der Suche nach sich selbst. Die deutsche Erstübersetzung dieses bewegenden Romans lädt ein zur Wiederentdeckung der Grande Dame der amerikanischen Erzählkunst

Buchbeginn

Als Vance Weston neunzehn war, hatte er in Euphoria, Illinois, wo seine Eltern damals lebten, das College abgeschlossen, hatte eine Woche in Chicago verbracht, eine neue Religion ersonnen und ein paar Monate lang eine Collegezeitung namens "Ins Ziel!" herausgegeben, zu der er selbst mehrere Liebesgedichte und eine Reihe bilderstürmerischer Aufsätze beigesteuert hatte. Auch war er eine ganze Woche mit dem Anlass der Gedichte verlobt gewesen, einem um einige Jahre älteren Mädchen namens Floss Delaney, der doch recht übel beleumundeten Tochter eines erfolglosen Immobilienmaklers aus einem tristen Randbezirk der Stadt. 

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Petra Hartlieb: Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung

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Der Heilige Abend war für Petra Hartlieb lange Zeit einer der schönsten Tage im Jahr – bis sie Buchhändlerin wurde.

Nun beginnt Weihnachten für sie Anfang November. Gemeinsam mit Kollegin Eva stapelt und räumt sie einen ganzen Abend lang, bis das Wunder vollbracht ist und die Buchhandlung zu bersten scheint vor lauter Ware: Jeder Tisch, jedes Regal, jede noch so kleine freie Lücke ist gefüllt mit den Büchern fürs Weihnachtsgeschäft. Die Kunden können kommen. Sie kommen in Scharen – und oft genug in Panik. Sie stellen obskure Fragen, spielen lustiges Titelraten mit den Buchhändlerinnen, sind gehetzt, verzweifelt und manchmal auch einfach nur dankbar.

Viele Stammkunden sind mittlerweile auch zu guten Freunden geworden und bringen dringend benötigte Nahrung, Hilfe in jeder Form sowie gute Laune vorbei. Und so hat die schrecklichste Zeit des Jahres auch schöne Momente. Der allerschönste Tag ist für Petra Hartlieb aber immer noch der eine: der 24. Dezember – denn da gehen spätestens um 13.00 Uhr die Lichter in der Buchhandlung aus und alles ist endlich vorbei. Für ein Jahr. 

Buchbeginn

Draußen scheint die Sonne, und es hat weit über zehn Grad. Beim Spazierengehen an der Donau zwitschern die Vögel, der Hund will unbedingt schwimmen, und als unsere Stammkundin Frau P. Mit ihrem Ruderverein an mir vorbeizieht und fröhlich winkend einen Gruß hinüberruft, glitzert das Wasser so, dass ich sie kaum erkennen kann.

Petra Hartlieb: Ein Winter in Wien

Marie kommt aus sehr ärmlichen Verhältnissen mit viel Glück nach Wien. Da sie lesen kann, findet sie Arbeit als Kindermädchen im Haus des Dr. Arthur Schnitzler. Schon nach kurzer Zeit haben sich die Kinder an sie gewöhnt.

Eines Tages soll sie ein Buch abholen und so stand sie das erste Mal in einer Buchhandlung.

"Marie wurde rot, sie kam sich plötzlich schrecklich ungebildet vor. Unglaublich, dass es Menschen gab, für die es normal war, einfach so ein Buch zu bestellen."

Da das Buch noch nicht eingetroffen war, bot der junge Verkäufer Oskar Novak an, das Buch am späten Nachmittag ins Haus zu liefern. Doch er brachte nicht nur das Buch für den Doktor, sondern auch eines für Marie: „Mir zur Feier. Rainer Maria Rilke“ stand drauf. Marie hat noch nie so ein wertvolles Geschenk erhalten.

Wenn die Familie aus dem Haus war, schlich sich Marie in das Arbeitszimmer des Doktors. Sie besah sich die Bücher in den Regalen, las die Titel auf den Buchrücken und nahm hin und wieder verstohlen eines in die Hand, um es rasch wieder zurückzustellen.

Weihnachten rückte immer näher. Die Kinder träumten von ihren Geschenken. Der Doktor litt unter einem schlimmer werdenden Ohrenleiden. Die gnädige Frau war ungeduldig und reizbar. Das Ehepaar stritt sich öfter. Was Marie gar nicht verstehen konnte. Warum war Olga Schnitzler oft so zänkisch? Andere wären froh, so ein Leben führen zu können.

Oskar Novak dachte immer wieder an Marie. Bei ihrem ersten Treffen im Buchladen traf ihn fast der Schlag, sah sie doch der Schauspielerin Hedwig Kramer, die er so verehrte, sehr ähnlich. In den nächsten Tagen dachte er immer wieder an sie, und immer wenn die Ladentür klingelte, hoffte er, dass es Marie wäre. Als er es nicht mehr aushielt, schrieb er ihr einen kleinen Brief und bat um einen Spaziergang.

Dieses Büchlein, erschienen im Verlag Kindler (unter dem Dach der Rowohlt Verlage), ist nicht nur eine Liebeserklärung an Bücher, sondern auch eine an die Stadt Wien. Und sie kommt ganz leise und einfach daher. Durch die einzelnen Protagonisten (Marie aus einer ganz armen Familie, Oskar aus dem Mittelstand und die Familie Schnitzler aus der gehobenen Klasse) erfahren wir einiges über die sozialen Strukturen des Wiens aus der Zeit um 1900.

Man braucht für das Büchlein nur zwei, drei Stunden, aber diese Lesezeit habe ich genossen.

Montag, 6. Oktober 2025

Stephanie Butland: Hoffnung auf Papier

Aus dem Englischen von Maria Hochsieder

Am liebsten würde ich dieses Buch gleich noch einmal lesen. Was für eine wunderbare Geschichte. In der Regel lese ich 50 Seiten am Tag. Dieses Buch mit seinen knapp 400 Seiten hat mich nur drei Tage beschäftigt. Beschäftigt im wahrsten Sinne des Wortes. Denn immer, wenn ich es aus der Hand legen musste, ging es mir nicht aus dem Kopf. Ob ich nun beim Geschirr abtrocknen war, beim Bügeln oder saubermachen. Immer habe ich drüber nachgedacht. Und die letzten 50 Seiten habe ich im Schneckentempo gelesen, weil ich die Geschichte einfach nicht verlassen wollte.

Die Antiquariatsbuchhandlung "Lost For Words" hat während der Corona-Pandemie einen Brief von Rosemary, einer älteren verheirateten Frau bekommen. Sie bittet darum, dass sie ihnen jede Woche ein Buch zuschickt. 

Daraus erwächst in der Inhaberin Loveday die Idee einer Bücherapotheke. Eine Anzeige wird in die Zeitung gesetzt und der Laden kommt in Schwung. Die Leute schreiben per Post oder Mail. Mal mehr und mal weniger Privates. Daraufhin wird ihnen ein Bücherpaket fertig gemacht. Das kann per Post verschickt, an der Tür abgeholt werden oder innerhalb der Stadt bringt die Inhaberin es per Fahrrad nach Hause. Alles mit gebührendem Abstand.

Die Leute, die sich von der Buchhandlung ein "Rezept" zusammenstellen lassen, werden auch vorgestellt. Wie es ihnen während Corona geht, Vergangenheit, Gegenwart. Das, was Corona so mit sich gebracht hat, wird angesprochen: Einsamkeit, Gewalt in der Familie, Liebe/Trennung, Rassismus, die Situation der Pflegekräfte. Aber auf so unterhaltsame  und herzenswarme Weise. Gar nicht schwülstig oder übertrieben brutal. 

Und obwohl so viel passiert, Gutes wie Schlechtes und Trauriges, ist es doch ein leises Buch.

Die "Rezept"-Bücher werden in der Geschichte mit ein, zwei Sätzen vorgestellt. Im Anhang gibt es dann noch einmal eine Auflistung aller im Buch erwähnten Bücher. Da erhält dann auch jedes Rezept einen Namen.

Wer gerne der Reihe nach liest, dem empfehle ich "Ich treffe dich zwischen den Zeilen". Das ist das Vorgängerbuch.

Buchinfo

England, 2020. In Lovedays Antiquariat in York ist es still geworden. Dabei weiß niemand besser als sie, dass Bücher retten können. Und gerade jetzt bräuchten die Menschen Geschichten am dringendsten, um ihr Herz zu weiten und der räumlichen und geistigen Enge zu entfliehen.
Da erhält Loveday den rührenden Brief eines alten Ehepaars: Rosemary und George ahnen, dass ihre gemeinsame Zeit zu Ende geht, und bitten um einige Bücher, um noch einmal auf die Reihe zu gehen - literarisch, auf der Bank ganz hinten in ihrem Garten am Meer.
Der Brief bringt Loveday auf eine Idee, mit der sie nicht nur ihr Antiquariat retten, sondern auch ganz verschiedenen Menschen durch diese dunklen Zeiten helfen kann...


Buchbeginn

"Darf ich vorstellen, der beste Buchladen der Welt", sagt Kelly, obwohl sie sich nicht ganz sicher ist, ob man jemandem einen Laden überhaupt vorstellen kann, noch dazu, wenn er geschlossen hat.
Craig umarmt sie und legt seinen Kopf auf ihre Schulter. "Hallo, Buchladen." 

Sonntag, 5. Oktober 2025

Adrienne Monnier: Aufzeichnungen aus der Rue de l'Odéon

Buchinfo

Als 1919 Sylvia Beach ihren Buchladen "Shakespeare & Company" in der Rue de l'Odéon eröffnete, gab es dort bereits seit fünf Jahren einen literarischen Treffpunkt: das "Maison des Amis des Livres", dessen Besitzerin die Buchhändlerin, Verlegerin und Schriftstellerin Adrienne Monnier war. Mit den "Aufzeichnungen aus der Rue de l'Odéon nehmen wir teil an ihrer Reise durch die Welt der Literatur. Mit ihren Erinnerungen an Walter Benjamin, Sylvia Beach, Bryher, Colette, Hemingway, Saint-Exupéry, Gisèle Freund und anderen lernen wir sie als große Porträtistin kennen. Ihre Betrachtungen zeigen, wie spannend der Literaturumtrieb sein kann.


Buchbeginn

Erneut ist Krieg.
Ich bin Buchhändlerin geworden im Verlauf jenes anderen Krieges, im November 1915. Offen gestanden war die schreckliche Göttin mir wohl gesinnt. Auch das Eisenbahnunglück vom November 1913, bei dem mein Vater beinahe umgekommen wäre, wendete sich zu meinen Gunsten, brachte es ihm doch jene Abfindung ein, die er mir später zur Geschäftsgründung überließ.

Bärbel Wegner (Hg.): Die Freundinnen der Bücher - Buchhändlerinnen

Ulrike Helmer Verlag, 2001


Buchinfo

In der großen Mehrzahl sind es Frauen, die ihre Leselust und Wissensfreude zum Beruf gemacht haben, gestern wie heute: Buchhändlerinnen wie jene legendären - Sylvia Beach und Adrienne Monnier in Paris, Mary S. Rosenberg in New York, Ilse Feltrinelli in Mailand - und wie so viele andere, die heute in großen und kleinen Orten, in Ost und West, in Buchhandlungen mit speziellem oder allgemeinem Sortiment sich und anderen die Liebe zum Buch bewahren. Und der Branche ihre Vielfalt verleihen. Dieses Buch will die Aufmerksamkeit einmal auf sie lenken und zugleich ihren Auszubildenden, Kundinnen und Kunden, generell allen Freundinnen und Freunden des Buchhandels einen ebenso kurzweiligen wie informativen Blick hinter die Kulissen eröffnen.


Buchbeginn

Richtig aufmerksam wurde ich auf mein Gefühl erst, als ein blutjunger Azubi mit feuerroten Apfelbäckchen, strahlend, liebenswürdig, mir gestand: "Weißt du, ich liebe diesen Beruf. Gut bezahlt ist er ja nicht gerade, aber die Bücher, die vielen Bücher um mich herum, jeden Tag ... Ich springe jeden Morgen voller Freude aus dem Bett und freue mich unbändig auf die Arbeit."

Reinhold Neven Du Mont: Mit Büchern und Autoren - Mein Leben als Verleger

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Reinhold Neven Du Monts Verleger-Erinnerungen – voller spannender, dramatischer, manchmal auch trauriger oder komischer Geschichten. 32 Jahre lang, von 1969 bis 2001, hat Reinhold Neven Du Mont mit großem Erfolg den Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch geleitet und zu dem Haus gemacht, das man heute kennt. Nach dem plötzlichen Tod des Verlagsgründers J.C. Witsch hat er für die notwendige Kontinuität gesorgt, zugleich aber entschlossen die Zeichen der Zeit der gesellschaftspolitischen Aufbrüche nach 1968 erkannt. Mit Günter Wallraff wurde Kiepenheuer & Witsch zu einer der ersten Adressen für gesellschaftskritische Publikationen in den 70er-Jahren, zugleich aber bis heute zu einem der führenden Verlage exzellenter deutschsprachiger und internationaler Literatur von Heinrich Böll und Gabriel García Márquez bis zu Julian Barnes oder Don DeLillo. Die Reihe der deutschsprachigen Autoren, die in dieser Zeit zu Kiepenheuer & Witsch stießen, ist lang und reicht von Uwe Timm und Peter Härtling bis zu Katja Lange-Müller und Christian Kracht. Viele der politischen Sachbücher wie Günter Wallraffs "Ganz unten" haben Geschichte geschrieben, es waren aber auch die Jahre John Le Carrés oder Nick Hornbys, von Alice Schwarzer, Oriana Fallaci oder Franca Magnani und der Geburt des Pop in Buchform. Dabei erzählt Reinhold Neven Du Mont nicht nur von den Autoren und ihren Büchern, er erinnert sich auch an viele Geschichten hinter den Kulissen und beschreibt den Verlag von innen – als eine brodelnde Werkstatt voller engagierter Mitarbeiter, die zu dem großen Erfolg dieser Ära beigetragen haben.


Buchbeginn

Der Termin war vormittags um elf Uhr. Die Verkäuferinnen hatten von ihrem Recht Gebrauch gemacht, den Notar zu bestimmen. Seine Kanzlei lag in einem Vorort Kölns. Ich war vorher noch im Verlag gewesen, hatte die Post durchgesehen und zwei oder drei dringende Telefongespräche geführt. Jetzt war ich in Eile, nahm die falsche Ausfahrt, wurde nervös, verhedderte mich in einem Gewirr von Einbahnstraßen und kam erst in letzter Minute an der angegebenen Adresse an.

Samstag, 4. Oktober 2025

Barbara Wersba: Ein Weihnachtsgeschenk für Walter

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Walter ist eine echte Leseratte. Kein Wunder, dass er sich nach Sir Walter Scott benannt hat! Er lebt bei Miss Pomeroy, einer alten Dame, die Kinderbücher schreibt und eine herrliche Bibliothek besitzt. Dort macht Walter eines Tages eine erschütternde Entdeckung: Der Held in Miss Pomeroys Kinderbüchern ist ausgerechnet eine Maus! Als kultivierte Ratte ist Walter zutiefst gekränkt und beschließt, Miss Pomeroy einen Brief zu schreiben...


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Walter war eine hochbetagte Ratte. Er lebte bei der Schriftstellerin Amanda Pomeroy. Miss Pomeroy wusste nicht, dass Walter bei ihr wohnte, denn er ließ sich nur nachts blicken. Walter jedoch gefiel Miss Pomeroys Haus am besten von allen Häusern, in denen er sich je aufgehalten hatte. Das lag daran, dass sie Schriftstellerin war und Hunderte von Büchern besaß.
 

Hanns Zischler: Lady Earl Grey

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An einem kalten, klaren Wintermorgen sitzt sie plötzlich auf der roten Stiege zur Bibliothek: Lady Earl Grey, die Treppenmaus. Ihre Geschichte ist ein zauberhaftes Märchen für Erwachsene, mit dem Hanns Zischler die Literatur um eine ihrer originellsten, liebenswertesten und kleinsten Heldinnen bereichert hat.


"Das ist hochvergnüglich zu lesen. Ein köstliches Katz-Maus-Herr-im-Haus-Zwickzwack!"

Sibylle Lewitscharoff


Buchbeginn

An einem klaren Wintermorgen ging ich noch ein wenig schlaftrunken die rote Holzstiege zu meiner Bibliothek ins Souterrain hinab. Verdutzt blieb ich stehen. In einem fahlen Lichtstreifen saß mitten auf der Treppe eine Maus. 

Donnerstag, 2. Oktober 2025

Nicole Seifert: FRAUENLITERATUR - Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt

Kiepenheuer & Witsch, 2021

Buchinfo

Sollte das Geschlecht des Schreibenden eine Rolle spielen bei der Lektüreauswahl? Natürlich nicht, würden wohl die meisten sagen. Und doch werden Autorinnen weiter abgewertet. Das muss ein Ende haben.
Nicole Seifert liefert das Buch zur Debatte - klug, fundiert und inspirierend.

"Das weibliche Werk ist verachtet. Die großen Kulturschöpfungen kommen vom Mann. Ab und zu holt man eine kleine Mumie mit weiblichen Merkmalen aus ihrem Sarg, läßt sie ein paar Worte sprechen, und dann, nach einiger Zeit, wird sie wieder vergraben und vergessen. Wenn Sie mehr wissen wollen, müssen Sie das Buch von Nicole Seifert lesen." - Elfriede Jelinek

"Dieses geistreiche und überaus anregende Buch empfinde ich als großes Glück." - Till Raether


Buchbeginn

Den Begriff "Frauenliteratur" mag eigentlich niemand. Aber benutzt wird er ständig, wenn über Bücher geredet wird - im Buchhandel, in den Medien und im Privaten. Er scheint also irgendwie notwendig oder wichtig zu sein. 

Mittwoch, 1. Oktober 2025

Lars Simon: Das Antiquariat der Träume

War das ein Vergnügen. Der Autor hat einige Jahre in Schweden gelebt, wo auch die Geschichte spielt. Er selbst sagt über sein Buch:

"Ich liebe Geschichten, die von manchmal skurrilen, aber immer zutiefst menschlichen Figuren mit all ihren Stärken und Schwächen handeln, Geschichten die einen am Ende glücklich, jedoch mit einem angenehmen Zweifel zurücklassen: Was war Realität, was Fantasie? ,Das Antiquariat der Träume' ist so eine Geschichte."

Johan Andersson verlor seine große Liebe Lina, die er nur zwei Wochen kannte, bei einem Schiffsunglück. Während der Schiffsfahrt hatte sie ihm ein Geschenk gemacht - ein antiquarisches Buch von Viktor Rydberg, ein schwedischer Romantiker, den Johan sehr schätzte. Als auf dem Schiff Panik ausbricht, verliert er das Buch auf der Suche nach Lina. Weder das Buch noch Lina kann er finden. Auch ihre Leiche wurde nicht aufgefunden.

"Die seltene und kostbare Erstausgabe von Viktor Rydbergs Klassiker aus dem Jahre 1857 war in grünes Leinen gebunden, auf dem Umschlag mit einem goldenen Prägedruck veredelt und im Innenteil mit vielen Schwarz-Weiß-Illustrationen ausgestattet worden. Doch das Unglaublichste war, dass Viktor Rydberg sein Werk persönlich signiert hatte; das Buch war ein echter Schatz."

Johan hat Stockholm und den Verlag, in dem er als Partner gearbeitet hat, verlassen und ist weiter weg aufs Land nach Hedekas gezogen. Dort lebt er in einer kleineren Gemeinde, hat ein Antiquariat und später ein Literatur-Café eröffnet. Die Schwester des Pfarrers geht ihm beim Café zur Hand, backt Kuchen und bewirtet die Gäste.
Seit er sich hier zurückgezogen hat, erscheinen ihm Figuren aus seinen Lieblingsbüchern: Sherlock Holmes, Pippi Langstrumpf, William von Baskerville. Nur er sieht sie und kann sich mit ihnen unterhalten. Einige raten ihm, nur ja nicht aufzugeben, andere meinen, er solle die Vergangenheit ruhen lassen.

An diesem Punkt bekommt er einen Brief aus Stockholm. Einer der zwei noch dort arbeitenden Partner hat Geld veruntreut und Selbstmord begangen. Johan solle doch bitte überlegen, ob er sich vorstellen könnte, wieder in die Firma einzusteigen.

Ob und wie sich Johan entscheidet - kehrt er zurück nach Hedekas in sein Antiquariat oder fängt er in Stockholm neu an? - das müsst ihr selbst rausfinden. Ich lege euch diese wunderbare Liebesgeschichte ans Herz.

Der Autor stellt oben die Frage: "Was war Realität, was Fantasie?" Es ist auf jeden Fall kein Buch aus dem Genre Fantasy, obwohl sich Johan mit Buchgestalten unterhält und diese auch sieht. Für Menschen, die ihn in so einem Gespräch sehen, ist das sehr befremdlich. Aber vielleicht führt Johan ja auch einfach nur Selbstgespräche?

Lars Simon hat jedenfalls mit seinen obigen Sätzen nicht zu viel versprochen. Ganz im Gegenteil. Aus jeder Buchseite strömte mir die Magie der Liebe und die Magie der Literatur entgegen.

Zum Schluss möchte ich euch noch ein paar Sätze präsentieren, die von einem merkwürdigen Buchhändler auf einem Markt an Johan gerichtet sind und die ich einfach wunderbar finde:

"Alte Bücher sind die Essenz des Lebens, der Quell aller Freude und manchmal sogar der Ursprung revolutionärer Strömungen. Sie konservieren Gedanken und Emotionen, und setzt man sie in Bezug zur Zeit ihrer Entstehung und hat den Mut, sich darauf einzulassen, so wird man genau das bei sich selbst erleben, was derjenige beabsichtigte, der das Werk einst verfasst hat, ganz gleich wie viele Jahre später man es zur Hand nimmt. Eine gute Geschichte, eine brillante Idee und ein tief empfundenes Gefühl haben immerwährende Gültigkeit, sie verlieren nichts, sie sind wie exquisiter Wein - erst sobald man sie genossen hat. Sie reifen im Herzen und nicht im Fass und im Weinkeller, wenn Sie verstehen."

Was für eine tolle Beschreibung.

Noch eine Info zu dem hier angesprochenen Buch Singoalla von dem schwedischen Autor Viktor Rydberg, zu Deutsch "Der Wind ist mein Liebhaber". Seine erste Veröffentlichung erfuhr der Roman 1857 im Kalender Aurora mit dem Untertitel "Romantisk sagodikt".  Als Buch wurde er 1865 das erste Mal veröffentlicht, jedoch mit einem überarbeiteten Happy End.

Das Buch wurde 1949 als Film als "Singoalla" und auch als Oper von Gunnar de Frumerie adaptiert.