Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs
mareverlag, 2025
Buchinfo
Als Kristin Valla mit Anfang vierzig feststellen muss, dass sie ihren schriftstellerischen Schaffensraum zwischen Kindererziehung und Brotjobs längst verloren hat, fasst sie den Entschluss, ihn sich zurückzuerobern, und begibt sich auf zwei parallele Reisen. Die erste führt sie - auf der Suche nach einem eigenen Arbeitsdomizil am Meer - nach Südfrankreich, die zweite auf die Spuren berühmter Literatinnen wie Selma Lagerlöf oder Toni Morrison, für die das Recht auf einen eigenen Raum zum Schreiben alles andere als selbstverständlich war.
"Ich liebe alles an diesem Buch! Es ist aufmüpfig und widerspenstig, auch ratlos, suchend und traurig. Es ist zutiefst weiblich und zutiefst menschlich." - Mareike Fallwickl
Buchbeginn
Rückzug
Als ich klein war, hatte ich ein Spiel für die langen, schneereichen Winter von Nordland, wo ich aufgewachsen bin. Ich ging auf ein Feld, hinter der Trafostation, die das ganze Dorf mit Strom versorgte, und zeichnete die Umrisse eines Hauses. Mit den Füßen markierte ich, wo die Wände stehen sollten, ich machte Öffnungen für die Türen und Fenster, ich malte eine Veranda in den tiefen Schnee. Ich freute mich über mein Haus, ging oft hin und spielte dort allein.
Zitate
",Hier sitze ich und leide und kann nicht arbeiten', schrieb Amalie Skram im September 1893 an ihren Ehemann Erik Skram. ,Ich muss mich überhaupt vollkommen sicher und allein fühlen können, um über all diese Menschen zu schreiben. Ich darf keine Angst haben müssen, dass es klingelt, dass irgendein irdisches Wesen mich stört. Und deshalb, mein liebenswerter, immer so umgänglicher und fürsorglicher Mann, nimm hin, dass es ,absolut' notwendig ist, dass ich mir ein kleines Mansardenzimmer in der Nähe unserer Wohnung miete, wo ich mich ungestört an meine Arbeit setzen kann.'"
"Ich habe mich gefragt, wenn man irgendeinen Menschen allein in ein Zimmer setzt, ohne äußere Einflüsse, ob es dann am Ende dazu kommen wird, dass dieser Mensch anfängt zu schreiben", schreibt Kjersti Annesdatter Skomsvold in "Das zweite Verschwinden".
"In letzter Zeit ist mir aufgegangen, dass materielle Unsicherheit etwas davon ist, was in höchstem Grad die Kunst töten wird [...] Auf irgendeine Weise sehe ich den Roman, oder den nächsten Erzählungsband, als etwas, das nur passieren kann, wenn ich in meinem eigenen Haus bin und mit allem auf gute Weise umgehen kann." - Alice Waker
"Zum ersten Mal denke ich an Arbeitsbedingungen, wenn ich eine Wohnung teilen soll [...] Ich habe so viel an seine Bedürfnisse gedacht - was ist mit meinen? Ein eigenes Zimmer. Ein Schreibtisch. Schreibmaschine." - Alice Walker
"Ich habe angefangen zu trinken, und ich habe fünf Projekte, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Eine dramatische Vorstellung, dass es nötig ist, kommunikativ zu sein - und warum sich morgens anziehen, wenn man das Werk niemandem zeigen will? Die Angst, selbst nicht genug Inhalt zu haben, ohne äußere Inspiration. Aber ich ,muss' mich isolieren." - Suzanne Brogger
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